Was wird denn da vermessen? Zweiter Anlauf bei der Autobahnmaut! (1997)

Ein Beitrag von Heinz Alenfelder

Totgesagte leben länger - eine Volksweisheit, die sich leider auch beim Datenschutz immer wieder bewahrheitet, sei es nun bei der Volkszählung, beim Mikrozensus oder - wie im aktuellen Fall - bei der automatischen Erhebung von Autobahngebühren. Und so messen sie wieder - sie, das ist vor allem der TÜV-Rheinland, sicherlich unter Beteiligung altbekannter Konsortien die schon im "Feldversuch Autobahnmaut A555" dabei waren. Grund genug, noch einmal in die Feldversuch-Ergebnispapiere zu schauen (siehe auch Themenschwerpunkt der DANA 2/1995) und die Perspektiven anzudeuten.

Das aktuelle Projekt

Auf der neuen (alten) Versuchsstrecke, der A555 zwischen Bonn und Köln, erprobt der Technische Überwachungsverein Rheinland (TÜV) die "intelligente Straße". Zur Zeit wird das Gelände ausgebaut zum "Europäischen Technologie- und Konw-how-Zentrum für Telematik". Getestet werden (lt. KStA vom 15.8.96; dpa) Satellitennavigation, Infrarot- und Mikrowellensysteme sowie moderne Zielführungs- und Notrufsysteme. Projektleiter Raimund Demski: "Jeder einzelne Fahrer kann den Standort seines Autos jederzeit per Satellitennavigation bestimmen und sich die kürzeste Fahrroute anzeigen lassen." Mit den Versuchen soll in diesem Sommer begonnen werden.

Der Hintergrund: Feldversuch A555

1995 war auf der gleichen Strecke ein Feldversuch mit Beteiligung von 10 verschiedenen Konsortien durchgeführt worden. Damals hatten die Datesnchutzbeauftragten des Bundes und der Länder in einer Entschließung (9./10.3.95) festgestellt: "Mit der Einführung derartiger Verkehrstelematiksysteme (gemeint sind Systeme zur Verkehrsinformation, -leitung und zur Gebührenerfassung; H.A.) besteht die Gefahr, daß personenbezogene Daten über den Aufenthaltsort von Millionen von Verkehrsteilnehmern erhoben und verarbeitet werden. Exakte Bewegungsprofile können dadurch erstellt werden."

Die DVD befürchtete damals: "In jedem Fall sind Systeme nötig, die zur totalen Verkehrsüberwachung einladen, von der Geschwindigkeits- und Abstandskontrolle bis hin zum automatischen Ablesen von Kfz-Kennzeichen."

Die Aufgabe des Versuchs war allerdings nicht die Entwicklung eines Datenschutz-/Datensicherungskonzepts für AGE-Systeme (darauf warten wir sicher noch sehr viel länger), sondern "eine Abschätzung der Praxisreife der Systeme". Und diese Aufgabe hat der Versuch erfolgreich erledigt!

Ergebnisse und Schlußfolgerungen des Bundesverkehrsministeriums

In seinem Bericht kommt das Verkehrsministerium (bzw. die Unternehmensberatung Roland Berger) zum Schluß, daß die Systeme "zur Anwendungsreife fortentwickelt werden können". Zwar meint der Verkehrsminister, der Versuch habe gezeigt, zur Zeit sei offen, "ob überhaupt ein zuverlässiges und datenschutzrechtlich einwandfreies automatisches Kontrollverfahren für eine streckenbezogene Autobahngebühr möglich ist." Allerdings sucht man vergeblich die Formulierung, die damals von dpa in der Presse lanciert wurde, es "bestünden erhebliche datenschutzrechtliche Bedenken, weil mit der Wegstrecke des einzelnen Autos auch die des Fahrers von den Behörden dokumentiert würden" (KStA, 17.7.96). Nein, es ging lediglich um Probleme bei den Kontrollverfahren und jetzt wird die zweite, damals schon geplante, europäische Runde eröffnet.

Die Perspektiven

Im Kurzbericht des Verkehrsministeriums war - im Gegensatz zur Pressenotiz vom 15.1.97 - niemals davon die Rede, "die zwölf Meßbrücken ... sollen ... abgerissen werden". Im Gegenteil sollte "die Teststrecke des Feldversuchs auf der A555 zwischen Köln und Bonn auch künftig für weitere Untersuchungen zu Autobahntechnologien für neue Telematik-Techniken zur Verfügung stehen. Der Plan war also bekannt!

Sein Ziel: "Schaffung von Rahmenbedingungen für die europäische Verknüpfbarkeit nationaler Gebührenerhebungssysteme". Was uns sonst noch erwartet an Plänen des Verkehrsministeriums:

Das heißt, daß die aus dem Licht der Öffentlichkeit herausgerückte automatische Erhebung von Autobahnmaut weiterhin kräftig fortentwickelt wird. Wir rufen unsere LeserInnen deshalb auf, uns Texte und Presseartikel zu diesem Thema zuzusenden. Der in der DANA 2/95 kritisierte Mangel an Technologiefolgenabschätzung kann nur behoben werden, wenn die Betroffenen rechtzeitig ihre Interessen geltend machen!
© 1997 Heinz Alenfelder (www.alenfelder.com)
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Last Update: 1998-05-22 (yyyy-mm-dd)